Gesellschaft

Kulturell, sozial und ökologisch investieren

INTERVIEW | „CRIC wurde mit der Motivation gegründet, Investorinnen und Investoren davon zu überzeugen, dass sie Ihr Geld nach kulturellen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten anlegen sollen.“ Ein Interview mit Dr. Klaus Gabriel, Geschäftsführer von Corporate Responsibility Interface Center e.V., dem Verein zur Förderung von Ethik und Nachhaltigkeit bei der Geldanlage.

INTERVIEW | „CRIC wurde mit der Motivation gegründet, Investorinnen und Investoren davon zu überzeugen, dass sie Ihr Geld nach kulturellen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten anlegen sollen.“ Ein Interview mit Dr. Klaus Gabriel, Geschäftsführer von Corporate Responsibility Interface Center e.V., dem Verein zur Förderung von Ethik und Nachhaltigkeit bei der Geldanlage.

04.05.2017 - Das Interview führte Gessica Mirra

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LifeVERDE: Herr Gabriel, seit wann gibt es den CRIC-Verein und aus welcher Motivation ist er gegründet worden?

Dr. Klaus Gabriel: CRIC wurde im Jahr 2000 gegründet. Die Gründungsidee folge dem Abschluss eines wissenschaftlichen Projektes: der Erstellung des Frankfurt-Hohenheimer Leitfadens im Jahr 1997 (FHL). Der FHL war der erste umfassende Kriterienkatalog zur Bewertung von Unternehmen in Bezug auf deren Kultur-, Natur- und Sozialverträglichkeit. Der FHL war damit eine Grundlage für die heute bekannten Nachhaltigkeits-Ratings, konkret wurde auf Basis dieses Ansatzes zum Beispiel das Rating-Konzept der oekom-research AG, einer heute führenden Nachhaltigkeits-Rating-Agentur erstellt.
Gleichzeitig überlegte man damals, wie man die Idee des ethisch-nachhaltigen Investments breitenwirksam etablieren könnte und man entschied sich für die Gründung von zwei Vereinen: dem Corporate Responsibility Interface Center (CRIC) e.V., das die Perspektive von Investierenden vertritt, und dem Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG), das die Perspektive der Anbieter nachhaltiger Geldanlagen vertritt. CRIC wurde also mit der Motivation gegründet, Investorinnen und Investoren davon zu überzeugen, dass sie Ihr Geld nach kulturellen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten anlegen sollen.

Welche konkreten Ziele verfolgen Sie?

Das Hauptziel ist es, insbesondere Bildung, Bewusstsein und Forschung im Bereich der ethisch-nachhaltigen Geldanlage zu fördern. CRIC hat diesbezüglich drei Schwerpunkte:

(1) Informations- und Bildungsveranstaltungen
(2) Forschung zu Grundlagenfragen der ethisch-nachhaltigen Geldanlage
(3) Engagement-Aktivitäten, womit ein konstruktiver Dialog mit Vertretern der Wirtschaft verstanden wird, um diese für nachhaltigere Wirtschaftspraktiken zu motivieren.

Was sind ethische Geldanlagen und für wen können sie von Interesse sein?

Ethische Geldanlagen sind – so verstehen wir das – solche Geldanlagen, bei denen die Legitimität der Renditeerwirtschaftung von der Kultur-, Natur- und Sozialverträglichkeit der Geldanlage abhängig gemacht wird. Das bedeutet, dass die Erwirtschaftung von Gewinnen legitim ist, wenn dabei bestimmte Standards eingehalten werden. Welche Standards das genau sind, müssen die Investierenden für sich klären.  In erster Linie geht es dabei darum, Schaden von Menschen und der Umwelt fernzuhalten und solche Wirtschaftsweisen zu unterstützen, die eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen.

Welche unterschiedlichen, nachhaltigen Investmentstrategien gibt es und worin unterscheiden sie sich?

Die bekanntesten Strategien sind:
(1) Ausschlusskriterien
(2) Positivkriterien
(3) Best in Class-Ansatz
(4) Integration
(5) Engagement (inkl. Stimmrechtsvertretung).
(6) Impact Investment: diese Strategie ist aber in Bezug auf ihr Volumen noch wenig bedeutsam und hinsichtlich ihrer Charakterisierung nicht eindeutig.

Welchen Ertrag können solche Anlagen abwerfen?

Grundsätzlich können ethisch-nachhaltige Geldanlagen denselben Ertrag abwerfen wie konventionelle Geldanlagen. Für die Vergangenheit gibt es insbesondere für Aktieninvestments empirische Befunde, die gegenüber konventionellen Aktieninvestments auf eine zumindest gleiche Ertragsaussicht ethisch-nachhaltiger Aktieninvestments hindeuten.

Kommt der Privatanleger jederzeit an sein Geld?

Das hängt – ebenso wie bei konventionellen Investment – davon ab, wie die Investierenden ihr Geld konkret anlegen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass bei ethisch-nachhaltigen Geldanlagen die gleichen Regeln gelten wie bei konventionellen Geldanlagen: Risiko, Rendite und Liquidität stehen in einer relationalen Verbindung zueinander.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie aktuell und wie wird es sich, Ihrer Meinung nach, in Zukunft mit ethischen Geldanlagen verhalten?

Zurzeit werden ethisch-nachhaltige Geldanlagen vom Mainstream entdeckt. Die Strategie der Integration trägt massiv zum Volumens-Zuwachs ethisch-nachhaltiger Geldanlagen bei: bei der Integration-Strategie geht es um die Einbeziehung vor allem sozialer und ökologischer Kriterien in die Finanzanalyse von Unternehmen. Investierende erkennen zunehmend, dass die Einbeziehung solcher Kriterien in die Finanzanalyse ökonomisch vernünftig ist. Das trägt einerseits dazu bei, das Wachstum ethisch-nachhaltiger Geldanlagen weiterhin zu befördern. Andererseits kann dadurch eine Instrumentalisierung ethisch-nachhaltiger Anliegen die Folge sein, die wiederum den eigentlichen Zweck ethisch-nachhaltiger Geldanlagen (nämlich: die Veränderung der wirtschaftlichen Realität in Richtung nachhaltiger Entwicklung) konterkarieren kann. Die ausschließliche Fokussierung auf die Rendite-Risiko-Optimierung kann die Anliegen der ethische-nachhaltigen Geldanlage nur zum Teil berücksichtigen.

Wie könnte man mehr Menschen für nachhaltige Geldanlagen und grüne Investments begeistern?

Es bedarf eines umfassenden Kulturwandels, der auf mehreren Ebenen zu vollziehen ist: Auf der Makroebene bedarf es entsprechender Rahmenbedingungen, die ethisch-nachhaltige Geldanlagen nicht diskriminieren (zusammen mit anderen Organisationen haben wir diesbezüglich erst kürzlich einen offenen Brief bezüglich der G20-Präsidentschaft von Deutschland veröffentlicht: Auf der Mesoebene müssen die Unternehmen der Finanzwirtschaft umdenken und erkennen, dass ethisch-nachhaltige Geldanlagen das new normal sind. Auf der Mikroebene bedarf es noch viel Aufklärungsarbeit bei Investierenden.

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